Sei überzeugt, dass es Dir weder in irgendeinem Kampf noch bei irgendeinem Geschäft Nachteile bringen wird, wenn Du Deinen Körper gestählt hast. Denn für alles menschliche Tun ist der Körper von Nutzen. Und bei allem, wozu man den Körper braucht, ist es sehr wichtig, körperlich möglichst leistungsfähig zu sein.
Sokrates nach Xenophon, Memorabilia 3, 12, 5
Achtet Ihr auf Euren Körper? Treibt Ihr Sport? Ernährt Euch gesund? Das ist ja heutzutage schon fast selbstverständlich. Aber warum tut Ihr das? Um gut auszusehen? Aus Gesundheitsgründen? Weil Euer Partner oder Eure Freunde das auch tun? Weil es gesellschaftlich anerkannt ist?
Was würdet Ihr sagen, wenn jemand daherkäme und Euch sagen würde, dass Ihr sogar eine moralische Verpflichtung habt, Euch um Euren Körper zu kümmern und Euch fit und gesund zu erhalten?
Klingt das für Euch verrückt – oder doch irgendwie plausibel?
Die Bedeutung des Körpers für Sokrates
Sokrates war wohl einer der ganz wenigen Philosophen, die dem Körper eine wichtige Rolle beimaßen. Nicht aus ästhetischen Gründen. Vor den erotischen Aspekten des Körpers und den Gefahren der Schönheit hat er sogar vorsichtig gewarnt.
Für Sokrates waren drei Gründe ausschlaggebend dafür, sich um seinen Körper zu kümmern. Zum einen aus gesundheitlichen Gründen, zum anderen um unabhängig und selbstbestimmt zu bleiben, und schließlich aus Verantwortung für sich selbst und die Gemeinschaft.
Körperliche und seelische Gesundheit
Die Prinzipien, nach denen Sokrates sich körperlich und seelisch gesund hielt, sind simpel und auch heute für jeden leicht umzusetzen. Sein Schüler Xenophon berichtet, dass Sokrates seinen Körper und seine Seele an eine Lebensweise gewöhnt habe, die es einem Menschen ermöglicht, mit geringem Aufwand sorglos und sicher zu leben (Xen. mem. 1, 3, 5).
Was bedeutet das genau? Er aß und trank nur soviel, wie er brauchte, um Hunger und Durst zu stillen (Xen. mem. 1, 3, 5-6). Außerdem empfahl er, sich von Essen und Trinken fernzuhalten, wenn man nicht wirklich Hunger oder Durst hat (Xen. mem. 1, 3, 6). Darüber hinaus gab er sich mit einfachen Speisen und Getränken zufrieden (Xem. mem. 1, 6, 2; vgl. auch 3, 14, 6).
Er vernachlässigte seinen Körper nicht und empfahl, sich soweit körperlichen Anstrengungen zu unterziehen, wie man es selbst seelisch als angenehm empfindet (Xen. mem. 1, 2, 4). Denn er meinte, dass es nicht nur körperlich gesund sei, so zu leben, sondern auch der seelischen Gesundheit zuträglich wäre (vgl. Xen. mem. 1, 2, 4). Er hielt seinen Körper auch selbst durch Training in Form (Diog. Laert. 2, 22).
Außerdem härtete er sich ab, indem er zu jeder Jahreszeit, egal wie warm oder wie kalt es war, die gleiche Kleidung trug und barfuß ging, außer wenn ein besonderer Anlass gegeben war (Xen. mem. 1, 6, 2). Selbstverständlich war für ihn eine gute körperliche Verfassung gesünder und nützlicher, als untrainiert zu sein (Xen. mem. 3, 12, 3). Wer fit und gesund ist, dem gelingt alles besser als untrainierten Schwächlingen. (Xen. mem. 3, 12, 4)
Ein wesentlicher Effekt dieser Lebensweise war, dass Sokrates einer der gesündesten Athener seiner Zeit gewesen sein soll und ihm weder Kälte oder Hitze noch Mangel an auserlesenen Speisen und Getränken etwas ausmachen konnten (vgl. Xen. mem. 1, 6, 6-9). Zugleich war er so fit und trainiert, dass er seinen Verpflichtungen als Soldat im Kampf für seine Heimatstadt jederzeit problemlos nachkommen konnte und sich dabei sogar große Verdienste errang (vgl. Xen. mem. 1, 6, 9; Plat. apol. 28d u. Diog Laert. 2, 22-23).
Übrigens sah Sokrates auch einen Zusammenhang zwischen körperlicher Gesundheit und geistiger Leistungsfähigkeit sowie seelischer Gesundheit: Denkfehler, Vergesslichkeit, Mutlosigkeit, Verdrossenheit und Wahnsinn können die Folge eines schlechten körperlichen Gesundheitszustandes sein, eine gute körperliche Verfassung dagegen schützt davor (Xen. mem. 3, 12, 6-7).
Freiheit und Selbstbestimmung
Zugleich war Sokrates davon überzeugt, dass eine solche bescheidene und gesunde Lebensweise ein wichtiges Element der Selbstbeherrschung sei, die wiederum für ihn die Grundlage jeder Tugend war (vgl. Xen. mem. 1, 6, 10; 1, 5 u. 2, 1)
Verantwortung für Familie und Gesellschaft
Es gab aber noch einen Grund für Sokrates, weshalb er körperliche Vernachlässigung missbilligte. Dieser Grund mag uns heute zunächst schwer nachvollziehbar erscheinen. Er lässt sich aber leicht auf Aspekte unseres modernen Lebens anwenden, die durchaus jeden betreffen.
Wenn jemand in schlechter körperlicher Verfassung ist, ist er nicht in der Lage, für seine Heimatstadt zu kämpfen, wenn es nötig ist, was dazu führt, dass solche Untrainierten leicht in Gefangenschaft geraten und dann schlimmsten Leiden als Sklaven ausgesetzt sind (Xen. mem. 3, 12, 1-2). Das war die brutale Realität zur Zeit des Sokrates.
Weil fitten und trainierten Menschen nach Sokrates Meinung alles besser gelinge, nützen sie nicht nur ihrer Heimatstadt, sondern auch ihren Freunden und ihrer Familie, zugleich würden sie sich auch mehr Ehre erwerben und dadurch ein angenehmeres Leben führen und auch ihren Kindern ein besseres Leben ermöglichen (Xen. mem. 3, 12, 4).
Körperliche Fitness und Gesundheit hatte also für Sokrates auch einen moralischen Aspekt: Verantwortung für die Familie und die Gesellschaft übernehmen können.
Fitness, Gesundheit und Verantwortung heute
Da wir heute in Deutschland nicht direkt von militärischen Konflikten bedroht zu sein scheinen und die Wehrpflicht ausgesetzt ist, könnte man meinen, dass die körperliche Verfassung des bzw. der Einzelnen für die Gesellschaft unwichtig ist.
Doch weit gefehlt. Auch heute hat unsere Gesundheit und körperliche Verfassung Auswirkungen nicht nur auf uns selbst, sondern auch auf unsere Familie und die Gesellschaft.
Leistungsfähigkeit und Engagement für die Gesellschaft
Wer fit und gesund ist, hält Stress und Belastungen in Familie und Beruf besser stand. Körperliche und geistige Gesundheit stehen in einem engen Zusammenhang, so dass mit einer guten körperlichen Verfassung oft auch höhere geistige Leistungsfähigkeit einhergeht. Wer körperlich – und geistig – gesund ist, kann sich nicht nur beruflich, sondern auch ehrenamtlich besser in die Gesellschaft einbringen, z. B. in der freiwilligen Feuerwehr, dem THW, der DLRG oder einer der anderen zahlreichen Organisationen. Fit und gesund kann ich auch ein Vorbild in Sachen gesunder Lebensweise für Familie, Freunde und Bekannte sein.
Gesundheit und Entlastung des Gesundheitssystems
Wenn ich mich um meine Gesundheit und Fitness in gesunden Maßen kümmere, verringere ich die Gefahr an einer der zahlreichen Wohlstandskrankheiten zu erkranken und damit das Gesundheitssystem zu belasten. Natürlich bietet eine gesunde und sportliche Lebensweise keine Garantie, nicht krank zu werden, aber sie verringert die Wahrscheinlichkeit dafür doch wohl signifikant. So stehen die Ressourcen und Finanzen des Gesundheitssystems für die unvermeidbaren Unfälle und Krankheiten zur Verfügung.
Rettung aus Gefahr
Wer fit und gesund ist, kann in Gefahrensituationen sich selbst und anderen besser helfen: weglaufen, einschreiten, jemanden aus einem brennenden Haus tragen, jemanden vor dem Ertrinken retten …
Kommt Eurer moralischen Verantwortung nach!
Kurz gesagt gilt auch heute: Wer sich im Rahmen seiner finanziellen und zeitlichen Möglichkeiten gesund ernährt und bewegt, nützt nicht nur sich selbst, sondern trägt auch zum Wohl der Gesellschaft bei.
Dazu muss ich weder jeden Tag ins Fitnessstudio gehen noch teure Spezialnahrung zu mir nehmen. Mehr zu Fuß gehen oder Fahrrad fahren, die Treppe nehmen statt des Aufzugs, einem Sport nachgehen, der mir Spaß macht, nicht rauchen, wenig Alkohol trinken, Bewegung an der frischen Luft, … Es gibt viele Möglichkeiten, gesund zu leben und in Form zu bleiben, die wenig kosten und leicht in den Alltag integrierbar sind.
Daher ist es wohl nicht zuviel verlangt, wenn man wie Sokrates von seinen Mitmenschen verlangt, sich – je nach ihren Mitteln und Möglichkeiten – um ihre körperliche und geistige Gesundheit zu kümmern und damit Verantwortung für sich selbst, die eigene Familie und die Gesellschaft zu übernehmen.
Oder wie seht Ihr das? Ich bin gespannt auf Eure Kommentare dazu.
Fragen und Anregungen
- Wie wichtig ist Euch Eure körperliche Gesundheit und Fitness?
- Was tut Ihr, um gesund und fit zu bleiben bzw. zu werden?
- Falls Ihr etwas für Eure Fitness tut, warum tut Ihr das?
- Inwiefern kann Eure Gesundheit und Fitness dazu beitragen, dass es nicht nur Euch, sondern auch anderen besser geht?
- Was könnt Ihr in Bezug auf Ernährung, Bewegung, Sport, Abhärtung und Gesundheit verbessern, ohne viel Geld und Zeit zu investieren?
- Spricht irgendetwas dagegen, es umzusetzen? Nein? – Super! Dann los! „Macht“ kommt von „machen“. Macht was draus!
Ein hochinteressanter Artikel. Ich setze als Pilatescoach ebenfalls auf Selbstachtung und Selbstfürsorge. Diese Blickwinkel waren mir jedoch neu. Danke dafür.
Das freut mich, Anna-Maria.
lieber Kollege,
danke, Bookmark.
wenn man sie auch irgendwie fördern kann, bitte um Nachricht!
Jan Beckmann
Diplom Engineer mit Dr.- Studium Bundeswehruni München eit1.1 LPT
Plasmaphysik und Mathematik
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